Nach vier Stunden Grenzerfahrung ist es dann also soweit. Wir betreten ukrainischen Boden. Durch die Kontrollen ist es schon spät, Kiev, das erste Ziel unserer Reise ist noch weit, also bleiben wir ein Nacht in Kovel, einer Kleinstadt kurz hinter der Grenze. Eine gute erste Gelegenheit, sich mit den Gepflogenheiten des Landes vertraut zu machen und die Realität mit den Vorurteilen abzugleichen. Meine Vorstellungen davon, wie es hier so sein könnte, stammen noch aus der Zeit, als ich längere Zeit in Rußland war. Und das ist doch schon eine ganz schöne Weile her.

Und doch gibt es einiges Vertrautes: Als erstes war ich erst mal froh, dass man hier auch noch Russisch spricht, dass wird in den nächsten Tagen einiges leichter machen. Das zweite ist der Geruch. Kennt ihr das, dass Länder einen so ganz eigenen Geruch haben? Hier roch es immer noch irgendwie wie früher in Rußland, am ehesten nach einer Mischung aus Abgasen von Autos, die bei uns weder HU noch AU überstehen würden, und einer Prise Knoblauch. Und dann noch das Abendessen. Die Pizzeria ließen wir links liegen, stattdessen verschlug es uns in sowas wie ein Brauhaus. Und auch da beschlich mich dieses Gefühl von Vertrautheit, lauter leckere Sachen auf der Speisekarte, die ich so lange nicht mehr gegessen hatte, Borschtsch, Pelmeni, Schaschlik. Und eine Bedienung die vor allem eins war: unfreundlich.

Aber Erinnerungen werden wohl dann zu Vorurteilen, wenn sie nicht mehr mit der Realität überinstimmen. Und so mussten wir bereits am ersten Tag feststellen, dass hinter der etwas altmodischen und tristen Fassade alles ganz schön modern war, Geld holen, jede Menge freies WLAN, Jugendliche und Musik, richtige Gastronomie, ein komfortables Hotel. Wir waren nur eine Nacht in Kovel, aber es war eine gute erste Gelegenheit, sich auf das kommende einzustimmen und die eigenen Erinnerungen und Vorurteile mit der Realität abzugleichen.


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